Wenn Freeflyer und Swooper gemeinsam planen
Wenn ein Freeflyer und ein Swooper zusammen einen Rekord planen – was kann dabei wohl herauskommen? Natürlich ein 21er-Formationssprung bei Nacht. Doch wie bringt man so ein Team zusammen, damit der Sprung funktioniert? Nur Formationsspringer? Auch Freeflyer? Und wo bleiben die Swooper? Wie viele Jahre im Sport, wie viele Sprünge braucht es? Die Antwort gibt’s am Ende – versprochen.
Vorbereitung in Zweibrücken
Donnerstag, 2. Oktober 2025, 13 Uhr: 21 Springerinnen und Springer und zwei Videoleute treffen sich am Flugplatz Zweibrücken. Philipp eröffnet das Event mit einem ausführlichen Briefing zu Abläufen, Sicherheit und Equipment. Danach übernehmen Tobi und Volker die Einweisung in die geplante Formation. Nach mehreren Bodendurchgängen sitzen Exit- und Anflugbilder perfekt.
Das Wetter spielt mit, also geht es gleich in die Luft. Die Skyvan steht bereit. Für möglichst realistische Bedingungen werden schon jetzt Lichtschläuche, Fußhalterungen und Taschenlampen angelegt – noch ohne Akkus und Pyro, das bleibt der Nacht vorbehalten.
Sprung 1 – Routine mit Vorfreude
Der erste Sprung: 21er mit zwei Punkten. Noch alles wie gewohnt, auch wenn das Zusatz-Equipment die Bewegungsfreiheit einschränkt. Fünf Minuten Call – alle stehen, simulieren das Einstecken der Akkus. Zwei Minuten – alle fertig. „Ready, Set, Go!“ Der erste Punkt sitzt, der zweite folgt reibungslos. Die Separation läuft bei 1.700 Metern, die innere Gruppe bei 1.500. Ein gelungener Auftakt.
Das Gefühl: Zuversicht. „Wenn das nachts genauso läuft, sind wir schnell durch.“ Aber die Luft weiß manchmal mehr als der Mensch.
Sprung 2 – ein kleiner Patzer, große Wirkung
Der zweite Sprung soll Feinschliff bringen. Nach dem Debriefing durch Volker geht es erneut hoch. Exit, Basis steht – und plötzlich ein Fehler: verbremst, zu tief, der Versuch zu floaten scheitert. Also umdrehen, tracken, Abstand gewinnen. Ärgerlich, aber nicht zu ändern.
Philipps Regel war klar: „Wer am Tag nicht springt, springt nachts nicht mit.“ Für mich kein Thema – fair ist fair. Stattdessen helfe ich beim Vorbereiten der Pyrotechnik, Lichtschläuche und Manschetten. Der 20er geht in die Nacht, wir drücken am Boden die Daumen. Von unten ist das Lichtspektakel beeindruckend.
Fünf Rekorde in einer Nacht
Kurz darauf die Auswertung: Fünf Rekorde auf einmal!
- 20er bei Nacht, 2 Punkte Sequential Weltrekord
- Europarekord (2 Punkte Sequential)
- Deutscher Rekord (2 Punkte Sequential)
- Größte Formation Europa
- Größte Formation Deutschland
Die Stimmung? Grenzenlose Freude.
Zweiter Nachtsprung – mit 21
Natürlich ist das Team jetzt heiß. Philipp stellt zwei Optionen:
- Den gleichen Sprung mit einem dritten Punkt (nicht geprobt).
- Den gleichen Sprung nochmal, diesmal mit mir als 21.
Die Entscheidung fällt einstimmig: Option 2. Ich bin überrascht – und plötzlich wieder im Spiel.
Im Flieger: Lichtschläuche leuchten, die Stimmung konzentriert. Zwei Minuten Call – tief durchatmen. Der Exit in die Dunkelheit ist magisch. Die Lichtschläuche erhellen die Umgebung stärker als erwartet. Ich bin grün markiert, docke bei Grün in der Basis an. Nach und nach schließen die anderen. Ein Key – weiter zum zweiten Punkt. Die Formation steht still. Und in dieser Ruhe weiß man einfach: Wir sind komplett.
Separation, überall bunte Lichter am Himmel. Taschenlampen blinken zur Orientierung. Die Landung gelingt sauber auf der von der Feuerwehr ausgeleuchteten Wiese – perfekt koordiniert, zwei Anflugrichtungen, ein No-Go-Mittelstreifen.
Am Boden: Euphorie. Alle spüren, dass es funktioniert hat. Doch ob das Video den Beweis liefert, bleibt offen.
Technikdrama – und die erlösende Nachricht
Die Videoleute kämpfen. Fokussierungsprobleme, dunkle Sektoren, ausgefallene Pyro. Ein Teil des Materials ist unscharf, in einem anderen sieht man die Griffe kaum. Die Auswertung bleibt zunächst unklar. Erst am nächsten Tag sichten Tash und Felix das Video erneut – Bild für Bild. Und dann: Ja, auch der 21er ist ein Rekord! Wieder fünf Kategorien auf einmal.
Noch ein Versuch bei Tageslicht
Am Freitag steht noch ein 21er mit drei Punkten an – diesmal bei Tag. Der Sprung gelingt, und am Abend wagen wir noch einen weiteren Nachtsprung. Das Wetter verschlechtert sich, aber wir probieren es. Leider reicht die Zeit nicht für den dritten Punkt. Doch das Team bleibt zufrieden – die Rekorde stehen.
Stimmen aus dem Team
„Ich springe seit 40 Jahren, habe viele Rekorde erlebt, aber dieser Nachtsprung war ein absolutes Highlight.“
– Uwe Haagen
Dank an alle Unterstützer
Ein besonderer Dank geht an den Fallschirmclub Skybrücken und das Team vor Ort – Yves und Walter Schwab – für die perfekte Organisation: Halle, Briefingräume, reibungslose Kommunikation.
Dazu an Volker für die Debriefings, Tash für das Judging, Pilot Philipp Schreiber für präzises Absetzen und natürlich an alle Freunde, Familien und Helfer, die vor Ort oder aus der Ferne unterstützt haben.
Ein außergewöhnliches Dankeschön gilt den Initiatoren: Philipp Exner und Tobias Koch. Die beiden hielten trotz Absagen, Änderungen und Stress den Kurs und machten den Nachtrekord möglich.
Erfahrung in Zahlen
Addiert man die Daten aller Springerinnen, Springer und Videoleute, ergibt sich eine eindrucksvolle Bilanz: über 500 Jahre Fallschirmsporterfahrung und rund 117.000 Sprünge. Im Schnitt also 22 Jahre im Sport und über 5.000 Sprünge pro Person.
Fazit – Ein Rekord, der verbindet
Dieser Nachtrekord war mehr als nur sportlicher Erfolg. Er zeigte, was möglich ist, wenn Formationsspringer, Freeflyer und Swooper gemeinsam an einem Ziel arbeiten. Verschiedene Disziplinen, aber dieselbe Leidenschaft – Fallschirmsport.
Und vielleicht ist genau das die schönste Erkenntnis: Der Himmel gehört uns allen – und er hat noch viel mehr zu bieten.
Bericht: Yvonne Fragale
Fotos: Erik Lorenz, Pholipp Exner



