Stellungnahme des Vizepräsidenten Technik
Hintergrund und aktuelle Verunsicherung
In den vergangenen Monaten haben Veröffentlichungen eines Instandhaltungsbetriebs für Unsicherheit bei Haltern von Rettungsfallschirmen gesorgt. Gleichzeitig wurde die wertvolle Arbeit unserer Prüfer und Packer aus offensichtlich eigenwirtschaftlichem Interesse infrage gestellt – das können wir so nicht stehen lassen!
Aktuelle Rechtslage zu Rettungsfallschirmen
Viele Piloten kennen die aktuelle Gesetzeslage nicht genau, und verfügbare Quellen sind oft unklar. Daher zunächst ein Überblick:
- Seit Inkrafttreten der EU-Basisverordnung VO(EU) 2018/1139 gelten Rettungsfallschirme nicht mehr als Luftfahrtgerät, sondern als „nicht eingebaute Ausrüstung“.
- In Deutschland war lange das nationale Recht maßgeblich, in dem nur LBA-anerkannte Prüfer Klasse 3 zur Wartung berechtigt waren. Diese Prüfer sind jedoch mit der Änderung der LuftPersV vom 09.03.2021 weggefallen. Ihre letzten Prüferlaubnisse liefen Ende 2024 aus.
- Behördlich geregelt sind heute nur noch die ETSO-Zulassung der Fallschirme selbst sowie die EASA-Zulassung von Herstellern und Entwicklungsbetrieben.
- Wartung, Prüfung und Packen sind nicht mehr behördlich geregelt, sondern fallen in die Eigenverantwortung der Halter.
Verantwortung der Halter und Vereine
Wer einen Rettungsfallschirm besitzt oder ihn anderen zur Verfügung stellt (wie es in Vereinen üblich ist), ist selbst für die Betriebssicherheit verantwortlich. Das gilt für:
- Fallschirme, die im Ausbildungsbetrieb mitgeführt werden müssen
- Fallschirme, die im allgemeinen Vereinsbetrieb verwendet werden
Hersteller legen in ihren Wartungsanweisungen fest, dass:
- Reparaturen nur von Herstellern oder autorisierten Betrieben durchgeführt werden
- Prüfung und Packen nur durch qualifiziertes Personal erfolgen dürfen
Mit der NfL 21-2-603 hat das LBA die Grundsätze der Instandhaltung veröffentlicht – eine behördliche Vorschrift zur Wartung gibt es jedoch nicht.
Lösung des DAeC: Neue Verbandsrichtlinie
Um dieses Vakuum zu füllen, hat der Deutsche Aero Club (DAeC) die „Richtlinie zur Qualifikation von fallschirmtechnischem Personal und zur Instandhaltung von Rettungsfallschirmen“ entwickelt. Diese Regelung:
- sichert eine rechtssichere Wartung trotz Wegfalls der Prüferlaubnis Klasse 3
- hat den gleichen verbandsinternen Wert wie die Segelflug-Betriebsordnung (SBO)
- wird von Gerichten und Versicherungen anerkannt
Wer darf aktuell Fallschirme prüfen?
- Prüfer des Aeroclub NRW, die nach dieser Richtlinie ausgebildet und geprüft wurden
- Ehemalige Prüfer Klasse 3
- Hersteller oder Musterbetreuer
- Personen, die bei Herstellern oder Musterbetreuern eine Sachkundeprüfung absolviert haben
Wer darf aktuell Fallschirme packen?
- Fallschirmpacker mit gültigem Technischen Ausweis des DAeC für die dort eingetragenen Schirmmuster.
Halter sollten sich daher immer den Sachkundenachweis (z. B. Technischer Ausweis des DAeC oder Sachkundebescheinigung des Herstellers) vorlegen lassen.
Vorteile der Wartung innerhalb des Verbandes
Die Wartung durch unsere eigenen Prüfer bietet klare Vorteile:
- Schnelle Fehlererkennung: Bei der Prüfung können Mängel oder Versäumnisse direkt erkannt und für die Zukunft behoben werden.
- Bessere Qualitätssicherung: Fallschirme, die im Vereinsbetrieb genutzt werden, unterliegen so einer durchgängigen Kontrolle.
Natürlich steht es jedem Halter frei, seinen Fallschirm auch durch externe Fachbetriebe prüfen zu lassen – die Vertragsfreiheit bleibt bestehen.
Warum ein eigener Packer im Verein sinnvoll ist
Auch wenn Fallschirme heute meist nur einmal im Jahr gepackt werden müssen, ist es aus praktischen Gründen ratsam, einen eigenen Packer im Verein zu haben:
- Falls ein Fallschirm versehentlich ausgelöst wurde oder nass geworden ist, kann er schnell wieder einsatzbereit gemacht werden.
- Regelmäßiges Lüften und Neupacken über das vom Hersteller geforderte Maß hinaus ist gut für das Material.
- Flugschüler können, wenn die Rettungsfallschirme im Verein häufiger als einmal jährlich gepackt werden, praxisnah lernen, wie sich ein Rettungsschirm in der Handhabung verhält.
Die Wartung von Rettungsfallschirmen liegt nun in der Verantwortung der Halter. Dank der neuen Richtlinie des DAeC können wir diese Verantwortung in unserem Verband rechtssicher umsetzen. Gleichzeitig bleibt es jedem Piloten freigestellt, externe Prüfer oder Hersteller zu beauftragen. Ein eigener Packer im Verein ist jedoch eine sinnvolle Investition in die Sicherheit und Einsatzbereitschaft unserer Rettungsschirme.
In diesem Sinne – bleibt sicher unterwegs!
Euer Vizepräsident Technik
Gerd Scholten