Wenn an einem grauen Novembermorgen in der Flugschule Oerlinghausen plötzlich ungewohnt viel Gelächter, konzentriertes Nicken und spürbarer Tiefgang durch die Seminarräume weht, dann kann das nur eines bedeuten: Die Pilotinnen sind wieder da.
In diesem Jahr waren es 15 Teilnehmerinnen, die aus ganz unterschiedlichen Bereichen des Luftsports angereist waren – Segelfliegerinnen, UL-Pilotinnen, Motorsegler- und Motorflugpilotinnen. Sie alle verbindet die Leidenschaft fürs Fliegen – und die Neugier darauf, was man aus dem Cockpit fürs Leben lernen kann.
Der Workshop „Aus dem Cockpit ins Leben“, erneut initiiert von Sybille Krummacher, Vorsitzende des Ausschusses Frauen im Luftsport des AEROCLUB | NRW und des Bundesausschusses Fliegende Frauen im DAeC, brachte diese vielfältige Gruppe zusammen. Ihr gemeinsames Ziel: die Parallelen zwischen Aviatik und Alltag zu erkunden und sie für ein selbstbestimmtes, starkes Leben zu nutzen.
Geleitet wurde das Seminar erneut von Anne Hennig, Motorfluglehrerin, Unternehmerin und systemischer Coach. Wer Anne kennt, weiß: Hier wird nicht nur Wissen vermittelt, hier werden Perspektiven verschoben. Gleich zu Beginn konfrontierte sie die Runde mit Fragen, die man nicht einfach nebenbei beantwortet: Was ist wichtiger – die eigenen Stärken oder Schwächen beim Fliegen zu kennen? Wie sehr bestimmt das eigene Mindset, wie eine Landung verläuft? Und wie sehr vertraue ich eigentlich meinen Entscheidungen im Cockpit?
Ein Tag voller Denkflüge
Plötzlich wurde aus einem fachlichen Thema ein sehr persönliches. Denn die Antworten ließen sich nahtlos ins private Leben übertragen: Wer seine Stärken kennt, übernimmt Verantwortung – ob an den Rudern oder im Alltag. So startete die Gruppe in einen Tag voller „Denkflüge“, an dem es unter anderem darum ging, warum uns klare, eindeutige Kommunikation im Funk so leicht fällt, im Alltag aber manchmal schwerer. Seitenwind im Cockpit wurde zum Bild für herausfordernde Situationen im Leben, in denen Flexibilität und ein kühler Kopf gefragt sind. Und die selbstverständliche Checkliste im Flugzeug wurde zur Inspiration für mentale Checklisten bei Stress, Entscheidungen oder Selbstzweifeln.
Das eigene Mindset als persönliches Flugwetter
Anne ermutigte die Runde, sich eine zentrale Frage zu stellen: „Was benötige ich, um eine Situation zu verbessern?“ Nicht: „Wer ist schuld?“ – denn den Seitenwind kann niemand ändern, das eigene Mindset hingegen schon.
Im Laufe des Tages entwickelten sich intensive Gespräche, ehrliche Momente, viel Lachen – und jene stillen Sekunden, in denen eine Erkenntnis genau ins Schwarze trifft.
Stille im Raum – und ein Kopf voller Startenergie
Am Ende des Workshops wurde es ganz ruhig im Seminarraum. Jede der 15 Pilotinnen nahm etwas für sich mit: einen neuen Blickwinkel, ein neues Verständnis der eigenen Stärke oder gleich einen ganzen Werkzeugkasten für mehr mentale Klarheit. Die Atmosphäre war geprägt von Offenheit, Respekt und einer Dynamik, wie sie entsteht, wenn Frauen mit ähnlichen Erfahrungen, aber unterschiedlichen fliegerischen Hintergründen zusammenkommen.
„Aus dem Cockpit ins Leben“ ist längst mehr als ein Workshop. Es ist ein Stück gelebte Selbstführung für Pilotinnen aus allen Sparten des Luftsports – ein Tag, der inspiriert, stärkt und eindeutig nach Wiederholung und Vertiefung ruft.
Autorin: Janine Brennenstuhl
Mit finanzieller Unterstützung des DAeC e.V. und des Landessportbund NRW e.V.
